Biographie Sebastian Kneipp

Sebastian Kneipp

kneipp-portraitSebastian Kneipp wurde 1821 im bayrischen Allgäu als Sohn von Webern geboren. In seiner Kindheit erlebte er Armut und musste früh schwere Arbeit verrichten. Er arbeitete als Hirtenjunge oder Weber, um für den Unterhalt der Familie mit zu sorgen. Schon als Junge hatte Kneipp klare Berufsvorstellungen: Er wollte Pfarrer werden. Doch Herkunft und Armut der Eltern sowie fehlende Bildung verwehrten ihm, solche kühnen Berufswünsche zu verwirklichen. Trotzdem gab der junge Kneipp nicht auf. Mit einundzwanzig Jahren begab er sich als Webergeselle auf Wanderschaft und verlor nie seinen Jugendtraum aus den Augen. Tatsächlich fand Kneipp einen Gönner im Kaplan Matthias Merkle. Dieser hatte die Begabung und offensichtliche Berufung des Jungen erkannt. Merkle eröffnete Kneipp die Möglichkeit, seine Schulbildung soweit fortzuführen, dass er ein Gymnasium besuchen konnte, um das Abitur zu machen. In dieser Zeit arbeitete Kneipp als Tagelöhner, um sich seinen Unterhalt zu verdienen. Nachts lernte er für sein Abitur. Tatsächlich erhielt Kneipp sein Abitur und begann bald darauf sein theologisches Studium in München. Kneipp musste für die jahrelangen übermäßigen Anstrengung und Entbehrungen jedoch einen hohen Preis bezahlen: Er erkrankte schwer. Er hatte Lungenblutungen und war so geschwächt, dass ihn seine Ärzte aufgaben.

Wasser als Lebensretter

Als Beispiel für Kneipps Willenstärke und Kampfgeist kann der Kampf gegen seine Erkrankung gesehen werden: Er hatte noch lange nicht aufgegeben und ging trotzdem in die Universität, um weiter zu studieren. Eines Tages entdeckte er in der Bibliothek ein ‚Wasserbüchlein‘, dass ihn sofort fesselte. Wahrscheinlich war es das Buch des Johann Siegmund Hahn der „Von der Krafft und Würckung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen“, berichtete. Da Kneipp nichts zu verlieren hatte, begann er mit der sofortigen Umsetzung der Vorschläge, die er vorgefunden hatte: Er entschloss sich mitten im Winter zu einer Radikalkur. Er lief drei Mal wöchentlich eine dreiviertel Stunde von seinem Dorf zur Donau. Völlig überhitzt stürzte er sich in die eiskalten Fluten, badete kurz und eilte wieder nach Hause. Nach einigen Monaten war er tatsächlich wieder gesund. Sogar seine ungläubigen Ärzte mussten ihm dies bestätigen – sie sprachen von einer wundersamen Heilung.

Kneipp hatte sich also durch Selbstversuch von der Heilwirkung des Wassers überzeugen können. Dieses Erlebnis bildete Grundlage seines weiteren Forschens und Entwicklung seiner speziellen Wasser-Anwendungen. Nach Beendigung seiner theologischen Ausbildung wurde Kneipp 1855 zum Beichtvater in einem Dominikanerinnen-Kloster berufen. Dort begann er planmäßig und gezielt in einer Waschküche seine „Wasserkur“ zu erarbeiten. Insgesamt 25 Jahre verbrachte er damit, verschiedene Anwendungen und ihre Wirkung zu beobachten. Er entwickelte sein Konzept für gesunde Lebensführung, die nicht nur Wasseranwendungen enthielten, sondern auch Ernährung, Bewegung und Einsatz von heimischen Heilpflanzen mit einbezog. 1880 kam Kneipp nach Wörishofen. Dort bekam er die Gelegenheit, durch eine neu errichtete Badeanstalt vielen Menschen den Zugang zur Wasserkur zu ermöglichen.

Ein Gesundheitsreformator

Kneipp hatte viel Erfolg und wurde bald ‚Volksgesundheitsreformator‘ genannt. Um Neidern keine Angriffsfläche zu bieten, arbeitete Kneipp eng mit einem Arzt zusammen. Dr. Kleinschrodt bestritt gemeinsam mit Kneipp die öffentlichen Sprechstunden: Kranke oder Hilfesuchende konnten sich Diagnose, Rat und Behandlungspläne abholen. Die Behandlung war für bedürftige Menschen kostenlos. Andere Patienten wurden um Spenden gebeten. Kneipps‘ Wirkungskreis beschränkte sich nicht nur auf Bayern: Schon zu seinen Lebzeiten waren Geschichten von wundersamen Heilungen im Umlauf. Selbst ausländische Patienten scheuten nicht den langen Weg nach Wörishofen – was Kneipps Berühmtheit noch steigerte.

Um seiner „Wasserkur“ die notwendige wissenschaftliche Basis zu geben – erarbeitete Kneipp mit Hilfe von Dr. Alfred Baumgarten theoretische, praktische und nachvollziehbare Grundlagen. Als die „Wasserkur“ 1887 erstmals erschien, war sie nach kürzester Zeit vergriffen. Das Werk wurde häufig gedruckt und fand außerordentliche Verbreitung.

Kneipp war ein guter Redner, der verstand seine Hörer durch einfache, bildreiche und leichtverständliche Sprache zu überzeugen. Seine Lebensphilosophie, die auf einfacher Ernährung, viel Bewegung, Abhärtung durch Wasseranwendungen und Verwendung von Heilkräutern bestand, fand großen Anklang. Noch zu seinen Lebzeiten gründete sich ein Verein (1890), der zum Ziel hatte, Kneipp zu helfen, seine Lebensphilosophie zu verbreiten. Während der erste Verein noch 300 Mitglieder zählte, waren elf Jahre später 45 Vereine mit etwa 30.000 Mitglieder entstanden. Auch wenn er das Anwachsen dieser Bewegung nicht mehr erlebte, so war Kneipp der Begründer einer massenhaften Gesundheitsbewegung, die es bis dahin in Deutschland noch nie gegeben hatte.

Quellen

  • Alfred Brauchle: Grosse Naturärzte, Philipp Reclam Jun. Verlag, Leipzig, 1944, S. 143-151.
  • Auszug aus: Kneipp, Sebastian, Meine Wasserkur, 5. Auflage, Verlag der Jos. Kösel’schen Buchhandlung, 1888, Faksimilierte Ausgabe, Englisch Verlag, 1987. S. 115 und 116.